Der zweite Tag am Protestzelt in der Altstadt war ganz besonders durch die vielen Besuche, Gespräche und viele Spenden von Menschen gezeichnet, die sich den ganzen Tag über solidarisch zeigten. Menschen, die in der einen oder anderen Weise mit dem Thema zu tun haben und spürbar dankbar sind, für einen Ort des Austauschs, um über die unterschiedlichen Problemlagen zu sprechen. Viele Afghan_innen mit Ablehnungsbescheiden, aber auch ratsuchende unterstützende Bezugspersonen waren den ganzen Tag über am Zelt.
Bericht zum 2. Protesttag:
Donnerstag, 11.5.2017
Nach einer langen und kühlen Nacht besuchte Miriam Koch, als Flüchtlingsbeauftragte der Stadt Düsseldorf, heute vormittag das Protestzelt am Düsseldorfer Rathaus. Sie sprach mit einigen Afghan_innen und Unterstützer_innen vorallem über die kommunalen Möglichkeiten, Abschiebungen aus Düsseldorf nach Afghanistan zu verhindern. Die Düsseldorfer Verwaltung werde sich demnächst strukturell verändern und als Teil dessen auch die kommunale Ausländerbehörde. Ihre Beratungsaufgabe solle im Zuge dessen stärker verankert und umgesetzt werden, auch im Sinne der Bleiberechtsmöglichkeiten für abgelehnte Asylberwerber_innen. Mit dem Stadtratsbeschluss vom 2. Februar hatte der Stadtrat die Verwaltung bereits aufgefordert, jeden Ermessensspielraum zu nutzen, um Abschiebungen von Afghan_innen aus Düsseldorf zu verhindern. Bis jetzt sei im Zuge der Sammelabschiebungen niemand aus Düsseldorf nach Afghanistan abgeschoben worden. Frau Koch bot außerdem an, konkrete Ablehnungsbescheide nochmals rechtlich prüfen zu lassen, um das BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) zu den sehr oft fehlerhaften und aufgrund politischer Vorgaben inhaltlich unzumutbaren Bescheiden von afghanischen Geflüchteten zur Rede zu stellen. Die Düsseldorfer Afghan_innen sind somit aufgerufen, ihre Ablehnungsbescheide u.a. auf gravierende Fehler hin zu kennzeichnen und sie gesammelt bei Frau Koch einzureichen. Die anwesenden Afghan_innen unterhielten sich mit ihr anschließend auch über andere konkrete Probleme der Unterbringungssituation und es wurde begrüßt, dass im Laufe des Jahres der Ausländerbehörde endlich eine unabhängige Beschwerdestelle angegliedert werden soll.
Frau Düker (Mitarbeiterin des Landtages und ehemalige flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen) besuchte das Protestzelt am Nachmittag. Frau Düker vermittelte ein Bild von den gegenwärtigen politischen Positionen in der Landes- und Bundesregierung, welches nochmals eine enorme Pro-Abschiebung-Stimmung innerhalb der Mehrheitsparteien CDU und SPD verdeutlichte. Wie es die Betroffenen und ihre Unterstützer*innen ganz besonders in den letzten Monaten stark erleben mussten. Vorallem im „Super-Wahljahr 2017“ sei von ihnen kein Abrücken von der Aushöhlung des Asylrechts zu erwarten. Das zeige das hartnäckige Festhalten der Regierung von Hannelore Kraft an den Afghanistan-Abschiebungen, gegen alle Fakten. Frau Düker versicherte, sie werde das Anliegen der Protestierenden erneut in die entsprechenden Landesministerien weitertragen. Viele Problemlagen der Afghan_innen wurden besprochen sowie über die rechtlichen Möglichkeiten der von Abschiebung Bedrohten gesprochen. Als Fazit konnte von den Diskutierenden nicht viel mehr festgestellt werden, als dass sich die Mehrheitsverhältnisse – welche derzeit Abschiebungen befürworten – nur durch einen enormen zivilgesellschaftlichen Druck verändern lassen. Dadurch, dass sich Bürger_innen mit den von Abschiebung bedrohten Menschen solidarisieren und ihre Sichtbarkeit in der öffentlichen Debatte verstärken. Die Afghan_innen verfolgen genau dieses Anliegen und wollen durch ihren Protest mit den Menschen in dieser Stadt in Kontakt kommen. Sie sind offen für politische Debatten und Auseinandersetzungen in der Frage, wie sicher es in Afghanistan wirklich ist und warum sie gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen.
Am frühen Abend beschlossen die afghanischen Protestierenden zur nahegelegenen Wahlkampfveranstaltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel aufzubrechen, um dort mit Flyern und einem großen Transparent auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Doch 150 Meter von der Bundeskanzlerin entfernt, blieb es nur ein symbolischer Besuch, welcher erneut die riesige Distanz zwischen der Lebenswelt und den Zukunftsängsten afghanischer Geflüchteter und der bestimmenden Politik in Deutschland verdeutlichte. Zumindest konnten auch dort weitere interessierte Menschen zum Protestzelt eingeladen werden, welches noch bis morgen Abend um 19:30 Uhr vor dem Rathaus stehen wird und dann für weitere zwei Tage bis zum Wahl-Sonntag auf den Burgplatz verlegt wird.
Solidarische Besuche und Unterstützung sind Tag und Nacht willkommen!
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